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Gutenberg 3.4: E-Book-Piraterie – volle Kraft voraus

2010 erschien die erste deutsche E-Book-Piraterie-Studie, die von Manuel Bonik und Dr. Andreas Schaale durchgeführt wurde. In den darauf folgenden Jahren gab es Gutenberg 3.1, 3.2 und 3.3 (das war eine Studie zu illegealen E-Book-Shops) und jetzt ist es Zeit für Gutenberg 3.4.

Wie auch die Vorgängerversionen untersucht Gutenberg 3.4 Aspekte und Trends der illegalen Ebook-Verbreitung in Schland und wirft einen Blick auf die diesbezügliche, internationale Situation. Bereits im Prolog der 23 Seiten starken Studie stellen Bonik und Schaale fest, dass der legale E-Book-Markt ein Nischendasein fristet: auf einen legalen E-Book-Download kommen zehn illegale Downloads.

Bonik und Schaale ermittelten via Google Trends, dass das Interesse an E-Books hierzulande seit der letzen Studie weiterhin zugenommen hat. So wie das Interesse steigt, nimmt auch die Nutzung illegaler E-Book-Angebote zu, etwa auf boerse.bz oder boox.to (»TorBoox«). Letzteres etablierte sich erst in den letzten Monaten und hat in jüngster Zeit das Angebot auf ein Bezahlmodell umgestellt, was die Beliebtheit jedoch kaum zu schmälern scheint. Allein über TorBoox werden monatlich wohl über 1,5 Millionen E-Books in Umlauf gebracht. So schlägt vermutlich dieses Portal alleine bereits sämtliche legalen E-Book-Verkäufe einschlägiger Stores wie Amazon, Apple, Thalia, ebook.de und Konsorten, die es im vergangenen Jahr zusammen wohl auf 12,3 Millionen verkaufte E-Books gebracht haben.

Die illegalen TorBoox-E-Book-Bestände sind laut Bonik und Schaale kurz nach dem Weggang des TorBoox-Gründers Spiegelbest an diversen anderen Stellen im WWW und in den traditionellen Vertriebskanälen wie P2P-Netzwerken aufgetaucht, so dass sich die Downloadquellen innerhalb kurzer Zeit vervielfacht haben. Bonik und Schaale schätzen, dass von allen Portalen mit möglichem E-Book-Download monatlich zehn bis 20 Millionen E-Books heruntergeladen werden und gehen davon aus, dass über legale Kanäle in diesem Jahr ca. 20 Millionen E-Books verbreitet werden werden.

Bonik und Schaale schauen in ihrer Studie Gutenberg 3.4 auch nach Russland, wo 95 Prozent der E-Books illegal heruntergeladen werden. Das lässt den Buchmarkt um fünf bis sieben Prozent pro Jahr schrumpfen. Diese Zahlen erwarten sie zukünftig auch für Deutschland. Sie gehen davon aus, dass sich die Umsätze im Buchhandel innerhalb der nächsten zehn Jahre halbieren und damit viele stationäre Buchläden verschwinden werden. Den Buchläden werden nicht nur die die E-Book-Piraten sondern auch Amazon im Printbereich zu schaffen machen.

Während E-Book-Piraten auf Belletristik-Märkten eher national agieren, geschieht das bei Fachbüchern international. Als Beispiel hierfür führen Bonik und Schaale die »Library Genesis« an, die über 1 Mio. Fachbücher und 22 Mio. Fachartikel in verschiedenen Sprachen anbietet.

Ferner versuchen Bonik und Schaale in Gutenberg 3.4 zu ergründen, »was Piraten wollen«. Sie weisen hier auf den kulturellen Wandel hin, dass hierzulande immer mehr Menschen digitale Kulturgüter umsonst bekommen möchten. Sie hinterfragen einige Argumente für Piraterie und kommen zu dem Schluss, dass die Piraten vor allem Geld verdienen möchten, was den Portalen, die auf das Geschäftsmodell Flatrate setzen, auch durchaus gelingt. Hier werden Bonik und Schaale recht emotional, was mich überraschte, denn in diesem Maße ist mir das bei den Vorgängerstudien nicht aufgefallen. Vor allem die Piraterie von Stiftung-Warentest-Heften hat es ihnen angetan. Da bin ich glatt froh, dass ich die 1,50 Euro oder 2,50 Euro immer berappe, wenn alle Jubeljahre ein Haushaltsgerät den Geist aufgibt.

Gründe für die Piraterie werden nicht explizit abgehandelt. Sie tauchen innerhalb des Fließtexts auf und beschränken sich auf hohe Preise und die räudigen Digital Rights Management (DRM). Ebensowenig gehen die beiden Autoren darauf ein, wie sich die Piraterie eindämmen lässt.

–> zur Studie

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